Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2015
in der Rubrik Entdeckerpfade – die schönsten Plätze im Münchner Westen


Fest der Töne

Der Verein Kammermusik in Pasing kann inzwischen renommierte Ensembles gewinnen – eine Bereicherung für den Stadtteil

Normalerweise treten sie in renommierten Konzerthäusern wie dem Münchner Herkulessaal, der Staatsoper oder sogar der Carnegie Hall in New York auf. Walther Weck gelingt es aber immer wieder, hochkarätige Musiker für ein Konzert ins vergleichsweise kleine Pasing zu holen. Wenn dem passionierten Klassikliebhaber bei einem seiner vielen Konzertbesuche ein Musiker gefällt, „spreche ich ihn einfach an und frage ihn, ob er bei uns auftreten möchte", erklärt er seinen Erfolg. Mittlerweile kommen Musiker bereits von sich aus auf Weck zu. So kann der Vorsitzende des 170 Mitglieder starken Vereins „Kammermusik in Pasing" acht bis zehn Konzerte im Jahr auf die Beine stellen.

Die „Kammermusik in Pasing" ist eigentlich eine Unterabteilung des Kulturforums München-West. Vor rund 15 Jahren hatte Gudrun Koppers-Weck, Walter Wecks inzwischen verstorbene Ehefrau, das Kulturforum wiederbelebt. Seitdem kümmert sich Weck mit einem Team von aktiven Mitstreitern um ein adäquates Angebot für Kammermusik in Pasing und Untermenzing

Die meisten Konzerte finden im historischen alten Rathaussaal der ehemaligen Stadt Pasing, in der Bäckerstraße 14, statt. Eine Kooperation mit dem Nutzer des Hauses, der Volkshochschule, die im Gegenzug den Konzertflügel der Kammermusik in Pasing für Unterrichtsstunden nutzen darf, macht es möglich. Der Saal mit seiner schönen denkmalgeschützten Stuckdecke hat 60 Plätze, „ideal für Kammermusik", so Weck. Die familiäre Atmosphäre und das dicht beim Künstler sitzende Publikum schätzen auch viele Musiker. Oft kommen sie nach Pasing, um dort quasi eine Generalprobe für ein späteres großes Konzert oder für Festspiele zu machen, erklärt Weck.

Begabte Studenten der Musikhochschule treten ebenfalls regelmäßig hier auf, um Konzerterfahrung zu sammeln Zu den „Hausquartetten" zählen etwa das renommierte Schumann-Quartett, dessen Musiker Mitglieder der Bayerischen Staatsoper sind, und das nicht minder bekannte Diogenes-Quartett. Voraussetzung für diese Erfolgsgeschichte war, dass der Verein den Musikern einen guten Konzertflügel für ihr Spiel zur Verfügung stellen konnte

Vor fünf Jahren sammelten die Musikenthusiasten daher Spenden, mit denen ein kaum gespielter 30 Jahre alter klangschöner „Pleyel"-Flügel erworben wurde. „Ein ordentliches Instrument, das aber seine Grenzen hat", konstatiert Weck. Um weiterhin Konzerte auf hohem Niveau anbieten zu können, hat die Kammermusik in Pasing kürzlich für einen fünfstelligen Betrag einen „Bösendorfer"-Flügel von einer Pianistin erworben Der weiche Klang des Instruments sei ideal für den kleinen Rathaussaal, freut sich Weck. Ende Mai gab es ein erstes Benefizkonzert. Weitere sollen folgen, denn das Instrument ist nur zwischenfinanziert und muss jetzt abbezahlt werden. Weck hofft auf großzügige Spender. „Seine" Stammmusiker haben jedenfalls bereits zugesagt, ihn mit honorarfreien Konzerten zu unterstützen.

Benefiz für den neuen Flügel

Neben dem Rathaussaal gibt es noch weitere Räume, in denen die Kammermusik in Pasing Konzerte organisiert hat. Das waren zum Beispiel die Kirche Sankt Wolfgang, die Himmelfahrtskirche, die ehemalige Kuvertfabrik, die Pasinger Fabrik, das Ebenböckhaus und das Lachdach-Atelier „Ein Traum von mir ist es aber, einen größeren Konzertraum zu finden", verrät Weck. Platz für rund hundert Zuhörer, das wäre optimal, denn angesichts der steigenden Beliebtheit der Kammermusik in Pasing müssten regelmäßig Interessenten weggeschickt werden, weil Konzerte ausverkauft sind.

Das nächste Konzert ist für Sonntag 5. Juli, um 19 Uhr in der Himmelfahrtskirche terminiert. Das Bartholdy-Quintett, laut Weck das „wohl einzige feste Streichquintett in Deutschland", tritt auf. Die fünf Professoren von verschiedenen deutschen Musikhochschulen spielen von Johannes Brahms das Streichquintett in F-Dur, op. 88 und von Antonin Dvorak das Quintett Es-Dur, op 96. „Hier bietet sich natürlich eine Kirche als Veranstaltungsort an, damit die Klangfülle der fünf Instrumente zur Geltung kommen kann", meint Weck. Weck ist weiter auf der Suche nach Musikern, die er für „sein” Pasing gewinnen kann „Ich habe schon ein paar Ideen, wen ich noch fragen könnte", sagte er. Daneben muss aber noch Zeit zum Cello-Üben bleiben Einmal pro Woche spielt Weck, der früher Lehrer an der Pasinger Fachoberschule war, im „Pasinger Streichquartett" und das seit 35 Jahren. Kammermusik in Pasing eben.

Patrizia Steipe